Als Tochter einer pflegebedürftigen Mutter weiß ich, wie herausfordernd und belastend es sein kann, die Bedürfnisse eines geliebten Menschen mit den eigenen Verpflichtungen unter einen Hut zu bringen. Doch es gibt Unterstützung, die es Arbeitnehmern ermöglicht, ihre Angehörigen in dieser schwierigen Zeit zu begleiten, ohne den Kontakt zum Arbeitgeber zu verlieren.
Mit der Familienpflegezeit haben Beschäftigte seit 2015 die Möglichkeit, ihre Arbeitszeit für bis zu 24 Monate zu reduzieren, um einen pflegebedürftigen nahen Angehörigen zu versorgen. Dieser Rechtsanspruch gilt für Betriebe mit mehr als 25 Mitarbeitern und bietet finanzielle Unterstützung sowie besonderen Kündigungsschutz. In diesem Leitfaden erfahren Sie, wer Anspruch auf Familienpflegezeit hat und wie Sie diese beantragen können.
Wichtige Erkenntnisse
- Familienpflegezeit ist ein Rechtsanspruch für Arbeitnehmer in Betrieben mit mehr als 25 Beschäftigten
- Während der Freistellung besteht Kündigungsschutz und die Möglichkeit eines zinslosen Darlehens
- Pflegebedürftige Angehörige ersten Grades, wie Eltern, Kinder oder Ehepartner, sind anspruchsberechtigt
- Die Arbeitszeit muss mindestens 15 Stunden pro Woche betragen
- Beschäftigte müssen die Familienpflegezeit spätestens 8 Wochen im Voraus ankündigen
Was ist die Familienpflegezeit und ihre gesetzliche Grundlage
Die Familienpflegezeit wurde 2015 eingeführt, um die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf für Beschäftigte in Deutschland zu verbessern. Sie bietet Arbeitnehmern die Möglichkeit, ihre Arbeitszeit für einen Zeitraum von bis zu 24 Monaten zu reduzieren und gleichzeitig einen nahen Angehörigen in häuslicher Umgebung zu pflegen.
Definition und Zweck der Familienpflegezeit
Das Familienpflegezeitgesetz und das Pflegezeitgesetz bilden den rechtlichen Rahmen für die Familienpflegezeit. Im Gegensatz zur regulären Pflegezeit, die eine vollständige Freistellung für bis zu 6 Monate ermöglicht, zielt die Familienpflegezeit auf eine längerfristige und flexiblere Lösung ab, um eine Vereinbarkeit von Pflege und Beruf zu schaffen.
Rechtlicher Rahmen seit 2015
Seit der Einführung des Familienpflegezeitgesetzes im Jahr 2015 haben Beschäftigte einen Rechtsanspruch auf Familienpflegezeit. Der Arbeitgeber kann die Inanspruchnahme der Familienpflegezeit nur in Ausnahmefällen ablehnen, wenn dringende betriebliche Gründe dagegensprechen.
Unterschied zur regulären Pflegezeit
Der wesentliche Unterschied zur regulären Pflegezeit ist die Möglichkeit, die Arbeitszeit teilweise zu reduzieren. Während der Pflegezeit können Beschäftigte ihre Arbeitszeit vollständig für bis zu 6 Monate aussetzen, erlaubt die Familienpflegezeit eine Reduzierung auf mindestens 15 Wochenstunden für bis zu 24 Monate.
Wer kann Familienpflegezeit beantragen
Die Familienpflegezeit ist eine wichtige Unterstützung für Arbeitnehmer, die ihre pflegebedürftigen Angehörigen in häuslicher Umgebung versorgen möchten. Anspruchsberechtigt sind Arbeitnehmer, die in Betrieben mit mindestens 25 Beschäftigten tätig sind. Dabei spielt es keine Rolle, ob sie in Voll- oder Teilzeit arbeiten.
Der Kreis der anspruchsberechtigten Angehörigen wurde 2015 erweitert. Neben den klassischen Familienmitgliedern ersten Grades, wie Eltern, Kinder und Ehepartner, können nun auch Stiefeltern, Lebenspartner und weitere Verwandte bis zum zweiten Grad die Familienpflegezeit in Anspruch nehmen. Auch die Betreuung pflegebedürftiger minderjähriger Angehöriger außerhalb des häuslichen Umfelds ist eingeschlossen.
- Mindestens 25 Beschäftigte im Unternehmen
- Nahe Angehörige, auch erweiterte Familienbeziehungen
- Betreuung Minderjähriger außerhalb des Haushalts möglich
Mit der Familienpflegezeit erhalten Arbeitnehmer die Möglichkeit, ihre Arbeitszeit für bis zu 24 Monate auf bis zu 15 Stunden pro Woche zu reduzieren, um so ihre pflegebedürftigen Angehörigen bestmöglich unterstützen zu können.
Voraussetzungen für den Anspruch auf Familienpflegezeit
Der Anspruch auf Familienpflegezeit ist an einige Voraussetzungen geknüpft. Zunächst müssen Sie in einem Unternehmen mit mindestens 25 Beschäftigten arbeiten. Darüber hinaus ist der Nachweis der Pflegebedürftigkeit Ihres nahen Angehörigen erforderlich. Für diesen Nachweis benötigen Sie eine Bescheinigung der Pflegekasse oder des Medizinischen Dienstes, die einen Pflegegrad von mindestens 1 bestätigt.
Mindestbetriebsgröße von 25 Mitarbeitern
Ihr Arbeitgeber muss mindestens 25 Mitarbeiter beschäftigen, damit Sie Anspruch auf Familienpflegezeit haben. In kleineren Betrieben besteht dieser Rechtsanspruch nicht. Allerdings müssen Ablehnungen in diesen Fällen begründet werden.
Nachweis der Pflegebedürftigkeit
Für die Inanspruchnahme der Familienpflegezeit ist es notwendig, die Pflegebedürftigkeit Ihres Angehörigen durch eine Bescheinigung der Pflegekasse oder des Medizinischen Dienstes nachzuweisen. Mindestens Pflegegrad 1 muss dabei bestätigt werden.
Erforderliche Dokumentation
- Spätestens 8 Wochen vor Beginn der Familienpflegezeit müssen Sie Ihren Arbeitgeber informieren.
- Eine schriftliche Vereinbarung über die Verringerung und Verteilung Ihrer Arbeitszeit ist erforderlich.
- Erweiterungen oder Verkürzungen der Familienpflegezeit sollten ebenfalls sorgfältig dokumentiert werden.
Erfüllen Sie diese Voraussetzungen, steht Ihnen der Rechtsanspruch auf Familienpflegezeit zu, um Ihre Angehörigen in dieser herausfordernden Zeit zu unterstützen.
Dauer und Umfang der Familienpflegezeit
Das Familienpflegezeitgesetz (FPfZG) bietet Beschäftigten die Möglichkeit, ihre Arbeitszeit für bis zu 24 Monate zu reduzieren, um pflegebedürftige nahe Angehörige zu betreuen. Während dieser Freistellungsdauer müssen Arbeitnehmer jedoch weiterhin eine Mindestarbeitszeit von 15 Wochenstunden einhalten.
Die Gesamtdauer aller Freistellungen nach dem Pflegezeitgesetz (PflegeZG) und dem Familienpflegezeitgesetz ist auf 24 Monate pro pflegebedürftigem Angehörigen begrenzt. Beschäftigte können die beiden Gesetze also flexibel miteinander kombinieren, solange die Höchstdauer von 24 Monaten insgesamt nicht überschritten wird.
Seit den Änderungen des Familienpflegezeitgesetzes vom 24.12.2022 können auch Mitarbeiter in Betrieben mit bis zu 25 Beschäftigten Anspruch auf Freistellungsdauer, Arbeitszeit und Teilzeitarbeit im Rahmen der Familienpflegezeit geltend machen.
Definition der „nahen Angehörigen“ im Sinne des Gesetzes
Gemäß dem Familienpflegezeitgesetz (FPfZG) gelten bestimmte Verwandte und Lebenspartner als „nahe Angehörige“, für die Arbeitnehmende ihre Arbeitszeit reduzieren und eine finanzielle Unterstützung in Anspruch nehmen können. Dazu zählen in erster Linie Ehepartner, Lebenspartner sowie Eltern, Kinder, Großeltern und Geschwister.
Familienmitglieder ersten Grades
Zu den nahen Angehörigen ersten Grades gehören Ehe- und Lebenspartner, Eltern, Kinder, Adoptiv- und Stiefkinder sowie Schwiegereltern und Schwiegerkinder. Diese enge Verwandtschaftsbeziehung berechtigt Pflegeberechtigte zum Bezug der Familienpflegezeit.
Erweiterte Familienbeziehungen
Darüber hinaus zählen auch Großeltern, Enkelkinder, Geschwister, Schwäger und Schwägerinnen zu den pflegeberechtigten nahen Angehörigen. Die Definition wurde 2015 erweitert, um auch Stiefeltern, lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaften sowie Verwandte der Ehepartner zu berücksichtigen.
Lebenspartnerschaftliche Verbindungen
- Eheähnliche Lebensgemeinschaften ohne Trauschein
- Eingetragene Lebenspartnerschaften
- Auch Geschwister der Ehe- oder Lebenspartner zählen als nahe Angehörige
Die umfassende Definition der Familienmitglieder und Pflegeberechtigten soll sicherstellen, dass möglichst viele Nahe Angehörige von der Familienpflegezeit profitieren können.
Finanzielle Unterstützung während der Familienpflegezeit
Während der Familienpflegezeit können Beschäftigte finanzielle Unterstützung in Form von zinslosem Darlehen und Pflegeunterstützungsgeld in Anspruch nehmen. Dies soll die Vereinbarkeit von Beruf und Pflege erleichtern und die finanzielle Absicherung der Arbeitnehmer gewährleisten.
Das zinsloses Darlehen kann beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben beantragt werden. Es dient dazu, den Verdienstausfall während der Freistellung teilweise zu kompensieren. Darüber hinaus besteht Anspruch auf Pflegeunterstützungsgeld, welches bis zu 90% des ausgefallenen Nettoarbeitsentgelts für eine kurzzeitige Arbeitsverhinderung von bis zu 10 Tagen abdeckt.
Auch wenn Beschäftigte während der Familienpflegezeit kein oder reduziertes Arbeitsentgelt erhalten, bleiben sie weiterhin sozialversichert. Diese finanzielle Absicherung soll es ihnen ermöglichen, sich in Zeiten der Krise auf die Pflege ihres Angehörigen zu konzentrieren, ohne dabei ihre existenzielle Situation zu gefährden.
Die Inanspruchnahme der finanziellen Unterstützungsleistungen ist an bestimmte Voraussetzungen geknüpft, wie den Nachweis der Pflegebedürftigkeit des Angehörigen und die Vereinbarung mit dem Arbeitgeber. Durch diese Maßnahmen soll die finanzielle Absicherung pflegender Angehöriger gewährleistet und so die Vereinbarkeit von Beruf und Pflege erleichtert werden.
Kündigungsschutz und Arbeitsrechtliche Aspekte
Das Pflegezeitgesetz in Deutschland gewährt Arbeitnehmern einen besonderen Kündigungsschutz während der Familienpflegezeit. Dieser Schutz beginnt bereits 12 Wochen vor dem angekündigten Beginn der Freistellung. Auch nach Beendigung der Pflegezeit haben Beschäftigte ein Recht darauf, zu ihrer früheren Arbeitszeit und Position zurückzukehren. Der Arbeitgeber darf das Arbeitsverhältnis nicht wegen der Inanspruchnahme der Pflegezeit beenden.
Besonderer Kündigungsschutz
Während der Familienpflegezeit und der Pflegezeit genießen Arbeitnehmer einen besonderen Kündigungsschutz. Dieser soll verhindern, dass Beschäftigte ihre Anstellung verlieren, nur weil sie Angehörige pflegen müssen. Dieser Schutz vor Kündigung beginnt bereits 12 Wochen vor dem angekündigten Beginn der Freistellung.
Rückkehrrechte nach der Pflegezeit
- Nach Beendigung der Pflegezeit haben Arbeitnehmer ein Recht darauf, zu ihrer früheren Arbeitszeit und Position zurückzukehren.
- Der Arbeitgeber darf das Arbeitsverhältnis nicht wegen der Inanspruchnahme der Pflegezeit beenden.
- Damit soll sichergestellt werden, dass Beschäftigte ihre Arbeit nach der Pflegephase nahtlos wieder aufnehmen können.
Diese arbeitsrechtlichen Regelungen sollen Arbeitnehmern die Vereinbarkeit von Beruf und Pflege erleichtern. Der Kündigungsschutz und die Rückkehrrechte tragen dazu bei, dass Beschäftigte sich auf ihre Aufgaben als Angehörigenpfleger konzentrieren können, ohne um ihren Arbeitsplatz fürchten zu müssen.
Kombination mit anderen Pflegeleistungen
Die Familienpflegezeit kann mit anderen gesetzlich geregelten Pflegeleistungen kombiniert werden. Neben der regulären Pflegezeit von bis zu 6 Monaten haben Beschäftigte auch die Möglichkeit, eine kurzzeitige Arbeitsverhinderung von bis zu 10 Tagen pro Jahr in Anspruch zu nehmen.
Darüber hinaus besteht ein Anspruch auf Freistellung zur Sterbebegleitung für nahestehende Personen von bis zu 3 Monaten. Allerdings darf die Gesamtdauer aller Freistellungen 24 Monate pro pflegebedürftigem Angehörigen nicht überschreiten.
- Pflegezeit von bis zu 6 Monaten
- Kurzzeitige Arbeitsverhinderung von bis zu 10 Tagen pro Jahr
- Freistellung zur Sterbebegleitung von bis zu 3 Monaten
- Maximale Gesamtdauer aller Freistellungen: 24 Monate pro pflegebedürftigem Angehörigen
Die verschiedenen Pflegeleistungen des Pflegezeitgesetzes können also sinnvoll miteinander kombiniert werden, um den unterschiedlichen Bedürfnissen der Pflegenden gerecht zu werden. Dabei ist es wichtig, die gesetzlichen Regelungen und Ansprüche genau zu kennen, um die bestmögliche Unterstützung in Anspruch nehmen zu können.
Fazit
Die Familienpflegezeit bietet Arbeitnehmern in Deutschland eine wichtige Möglichkeit, die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf zu verbessern. Durch die gesetzlichen Regelungen haben Beschäftigte in Unternehmen mit mindestens 25 Mitarbeitern das Recht, ihre Arbeitszeit für bis zu 24 Monate zu reduzieren, um einen nahen Angehörigen zu pflegen.
Diese Regelungen sind Teil eines umfassenden rechtlichen Rahmens, der zusätzlich die reguläre Pflegezeit, finanzielle Unterstützung und Kündigungsschutz vorsieht. In der Praxis finden Arbeitgeber und Arbeitnehmer oft individuelle Lösungen, um den Bedürfnissen aller Beteiligten gerecht zu werden.
Der unabhängige Pflegebeirat begleitet die Umsetzung der gesetzlichen Bestimmungen und berät das Bundesfamilienministerium über deren Auswirkungen. Insgesamt tragen die gesetzlichen Regelungen zur besseren Vereinbarkeit von Pflege und Beruf bei und stärken die Rechte von Arbeitnehmern in dieser herausfordernden Lebensphase.
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