Recyclingpapier – ein Schlüssel zu mehr Umweltschutz?

Recyclingpapier - ein Schlüssel zu mehr Umweltschutz?
Recyclingpapier - ein Schlüssel zu mehr Umweltschutz?

In Deutschland zeichnen wir uns durch eine führende Position im Sammeln von Altpapier aus, während unser Papierverbrauch, der mehr als 240 Kilogramm pro Person jährlich beträgt, den höchsten unter den G20-Ländern darstellt. Insgesamt verbrauchen und verschwenden wir Deutschen jedes Jahr beinahe 19 Millionen Tonnen Papier. Für nahezu jede Verwendung, von Drucker- und Kopierpapier über Toilettenpapier bis hin zu Küchenrollen, steht Recyclingpapier zur Verfügung. Jedoch stellt sich die Frage, wie umweltfreundlich Recyclingpapier wirklich ist und welchen tatsächlichen Nutzen es für die Umwelt bietet.

Papierherstellung – in mehrfacher Hinsicht umweltschädlich

Die Mehrheit der Menschen ist sich nicht der gravierenden Umweltauswirkungen bewusst, die mit der Papierproduktion einhergehen. Die Herstellung erfordert erhebliche Mengen an Holz, Wasser, fossiler Energie und Chemikalien. Sowohl bei der Erstellung des Papierbreis als auch in der weiteren Verarbeitung kommen umweltschädliche Chemikalien zum Einsatz, darunter Chlor oder Säuren als Beizmittel sowie Basen und Lösungsmittel.

Das Umweltbundesamt (UBA) gibt an, dass die Papierindustrie global den fünftgrößten industriellen Energieverbrauch hat. Zur Herstellung einer Tonne Kopierpapier aus Primärfasern – oft auch Frischfasern genannt – sind nahezu fünf Megawattstunden (MWh) nicht-erneuerbare Energie notwendig. Dies entspricht der Energiemenge, die für die Produktion einer Tonne Stahl erforderlich ist. Im Vergleich des Endenergieverbrauchs verschiedener Industriezweige in Deutschland belegt die Papierindustrie den dritten Rang, direkt hinter der Metallerzeugung und der chemischen Industrie.

Der hohe Energieverbrauch resultiert hauptsächlich aus der Zellstoffgewinnung aus Holz. Wenn Papierprodukte nicht aus Altpapier hergestellt werden, muss zunächst Zellstoff aus Primärfasern gewonnen werden. Dazu werden die Fasern in einem komplexen chemischen Prozess aus dem Holz gelöst. Diese Primärfasern, also der Zellstoff, werden anschließend zu Papier weiterverarbeitet. Der Schritt des Herauslösens der Fasern aus dem Holz ist dabei der Teil der Papierherstellung, der am meisten Energie und Wasser verbraucht.

Bei der Produktion einer Tonne Papier aus Primärfasern entstehen bis zu 50 Kubikmeter Abwasser, das oft stark mit Chemikalien, insbesondere organischen Kohlenstoffverbindungen, belastet ist. Diese Verbindungen können in Kläranlagen nur teilweise abgebaut werden, wodurch sie letztlich in Flüsse gelangen. Dies kann unter anderem die Bodenfruchtbarkeit negativ beeinflussen.

Neues Papier versus Recyclingpapier – eine Gegenüberstellung

Recyclingpapier entsteht aus der Wiederverwendung von Altpapier, Pappe und Karton oder den daraus extrahierten Sekundärfasern. Die Qualität und Reißfestigkeit dieses Papiers können durch die gezielte Auswahl verschiedener Sorten von Altpapier oder durch das Hinzufügen neuer Fasern verbessert werden. In Deutschland wird ein Produkt, das vollständig, also zu 100 %, aus Altpapier besteht, mit dem Umweltsiegel „Blauer Engel“ ausgezeichnet.

Bei der Herstellung von Fertigprodukten wird eine Toleranzgrenze von 5 % in Bezug auf die Zusammensetzung akzeptiert. Die Vorteile des Kaufs von Recyclingpapier werden besonders deutlich, wenn man den Ressourcenverbrauch von Recyclingpapier direkt mit dem von Papier aus frischen Fasern vergleicht.

Bei der Herstellung von einem Kilogramm neuem Kopierpapier fallen circa 50 Liter Wasser und etwa fünf Kilowattstunden Energieverbrauch an. Im Vergleich dazu verbraucht die Produktion von Recyclingpapier lediglich rund die Hälfte der Energie und etwa ein Drittel der Wassermenge, die für Primärfaserpapier benötigt wird. Zudem spart man mit jedem Kilogramm Papier aus Sekundärfasern bis zu 2,2 Kilogramm Holz ein. Demgegenüber steht der Einsatz von 1,2 Kilogramm Altpapier für die Fertigung eines Kilogramms Recyclingpapier.

Die Gewinnung von Holz für die Produktion von Frischfaserpapier stellt stets einen Eingriff in Waldökosysteme dar und birgt somit Risiken für die biologische Vielfalt. Die Verwendung von Recyclingfasern trägt dazu bei, dieses Risiko zu mindern.

Deutsche Papierproduktion hat globale Auswirkungen

Deutschland steht an der Spitze der Papierproduktion in Europa. Zwar wird hierzulande viel Altpapier recycelt, jedoch stammt nur ein geringer Teil des Holzes aus heimischen Wäldern. Dies führt dazu, dass zur Deckung unseres enormen Papierbedarfs Bäume in anderen Ländern gefällt werden. Deutschland importiert bedeutende Mengen an Zellstoff für die Papierherstellung aus Südamerika, Skandinavien und der Iberischen Halbinsel. Fast 45 Prozent unseres Zellstoffs beziehen wir aus Ländern wie Brasilien, Uruguay und Chile, wobei allein über 30 Prozent aus Brasilien stammen.

Auch fertige Papierprodukte werden häufig importiert. Ohne Qualitätsangabe auf dem Papier können Verbraucher nicht erkennen, ob beispielsweise ein Buch Tropenholzfasern oder Fasern aus Raubbau enthält. Die globalen Auswirkungen der Papierproduktion sind gravierend und umfassen unter anderem großflächige Rodungen, illegalen Holzeinschlag in Urwäldern, Konflikte um Landrechte, eine Forstwirtschaft, die sich weit von natürlichen Waldstrukturen entfernt, sowie die Anlage von Monokulturen in Plantagen.

Der Papierkonsum in Deutschland trägt somit zur zunehmenden Belastung der Wälder – insbesondere der verbleibenden Urwälder – bei und verschärft die negativen Auswirkungen auf die Menschen, die vom Wald leben, sowie auf die Umwelt.

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